Winterliche Überschreitung des Hochkalter

Bergtour
Berchtesgadener Alpen
2000 Hm
Hochkalter
2607 m

Eine teilweise winterlich anmutende Überschreitung des Hochkalter nach einigen Schlechtwettertagen im Juli. Eine tolle und anregende Tour.

Ich stehe um sechs Uhr auf und fahre um sieben los. Die Fahrt dauert eindreiviertel Stunden. Südlich von München ist keine Wolke am Himmel, doch das Berchtesgadener Land ist unter einer dünnen tiefen Wolkenschicht, die ich während der Fahrt angucken muss.

Zuerst parke ich an einem falschen Parkplatz, da am Hintersee alles Mögliche Seekarl heisst. Man muss aber hinten um den See herumfahren, dann kommt ein Parkplatz mit diesem Namen und ein Stück weiter ein kostenloser Parkplatz.

Von dort starte ich um kurz nach neun über eine Forststraße voller Baustellen und Baumaschinen bis nach eineinviertel Stunden und einigem Höhenverlust endlich ein Steig abzweigt. Dort ist auch einiges los, denn es werden gerade Abwasserrohre von der Blaueishütte vergraben. Nach einer weiteren halben Stunde ist die Hütte endlich erreicht. Der Himmel ist etwas aufgerissen, aber es bilden sich viele neue Wolken und eine davon hängt ausdauernd am Hochkalter fest.

Die Blaueishütte liegt außen auf einer Stufe, hinter der sich der Gletscher und offensichtlich auch ein Kletterparadies eröffnen. Ich raste kurz an der Hütte, aus der es appetitanregend nach Suppe duftet. Dann geht es über eine schotterige Rinne nach rechts auf den Grat. Ich lasse sie langsam angehen, was gut ist. Kurz unterhalb des Grats kommen einige flache Platten mit zahlreichen Griffen und Tritten, die überklettert werden müssen, vielleicht II-.

Der Weg am Grat ist noch recht weit, die Aussicht dabei leider begrenzt. Wegen der draufgesteckten Wolke habe ich den Gipfel bisher noch gar nicht gesehen. Ab und an muss leicht (I) gekraxelt werden, auch eine kurze Wand ist auf dem markierten Weg sicher nicht schwieriger als II-.

Nach und nach kommen Schneereste auf und verdichten sich in den flachen Bereichen zu einer geschlossenen Decke von 10 bis 20 cm Dicke. Die Sicht wird in der Wolke ebenfalls schlecht. Einige Passagen erfordern nun wegen der Nässe und des nicht erkennbaren Untergrunds doch Vorsicht und auch mal ein Rückwärts-Abklettern.

Ein Stück hinter mir geht schon länger ein Paar, auf das ich einmal schon gewartet habe, als ich den Weg kurz verloren hatte. Hinter dem Kleinkalter kommt noch ein Alleingeher aus Salzburg nach, so dass ich auf den letzten Metern noch einmal etwas gasgeben muss, um nicht überholt zu werden.

Zu viert ist es am Gipfel ganz lustig und die letzte Stunde des Wegs gibt uns allen das Gefühl, uns auf einer durchaus ernsthaften Tour zu befinden. Das Paar bittet den Österreicher, mich mit den beiden zu fotografieren, weil sie ein Foto zu dritt brauchen, aus Gründen, nach denen wir bitte nicht fragen sollen. Der Salzburger steigt wieder zur Blaueishütte ab, während die anderen auch den Weg in das Ofental nehmen wollen. Ich gehe daher schon mal vor.

Bereits beim Aufstieg habe ich die Spuren eines einzigen Vorbesuchers gesehen. Er hatte sich auch am heutigen Tag in das Gipfelbuch eingetragen. Seinen Spuren folge ich nun. Derjenige kannte den Weg wohl, denn die Spuren verlaufen sehr zielstrebig und sicher. Mir erscheint der Weg wesentlich heikler, als der Aufstiegsweg. Es liegt etwas mehr Schnee und das Gelände ist schottrig und steil und durch die Schneeauflage teilweise rutschig. Schlagartig setzt ein Graupelschauer ein. Ich hangele mich teilweise an wunderbar griffigen Felsen an der Seite entlang und klettere öfter mal was ab. Meine Finger frieren. Ich habe nicht damit gerechnet, andauernd in Schnee langen zu müssen, und habe nur die Softshellhandschuhe dabei, die schnell vollgesogen sind. Trotz allem bereitet mir der Weg viel Spaß und ich bin sehr konzentriert und alles klappt super. Das Paar ist wohl wieder umgedreht und kommt nicht nach.

Mit dem Erreichen des Ofentals endet bald auch der Schnee. In der schluchtartigen Rinne läuft eine Gams stückweise immer weiter vor mir her. Am Ende der Rinne beginnt die Vegetation und ich raste noch einmal. Der weitere Weg verläuft sehr schön durch einen lichten Wald, bis er auf eine Forststraße stößt, die sich dann noch nervig zieht. Ab der Lahnwald-Diensthütte ist es wohl etwas kürzer, auf dem Damm des Baches zu gehen, anstatt der Straße zu folgen. Kurz vor dem Parkplatz gibt es dann noch einen finalen Anstieg.

Eine schöne und im Gipfelbereich auch anspruchsvolle Tour. Ich hatte nie das Gefühl, an meiner Grenze zu sein. Ich sehe, dass ich mit Stiefeln, Rucksack, klammen Fingern und ohne Seil auch bei Schnee noch etwas schwierigere Sachen sicher klettern könnte.

Parkplatz am Hintersee - 790 m - 09:06 Uhr
Schärtenalm - 1362 m - 10:07 Uhr
Blaueishütte - 1651 m - 10:45 Uhr
Abmarsch 11:01 Uhr
Schöner Fleck - 11:53 Uhr
Hochkalter - 2607 m - 14:04 Uhr
Abmarsch 14:34 Uhr
Ofentalschneid - 15:30 Uhr
Talausgang - 16:00 Uhr
Abmarsch - 16:23 Uhr
Parkplatz 17:54 Uhr

Insgesamt wohl etwas über 2000 Höhenmeter. Gehzeit etwa 7:30 Stunden.