Gar nicht mal so ausgetretene Pfade

Bergtour
Karwendel
1900 Hm
Große Riedlkarspitze
2585 m

Schöne Tour zu einem überraschend selten besuchten Gipfel.

Heute starte ich mit dem Rad einmal vom Sparfuchsparkplatz kurz vor der Grenze, von wo man nur fünf Minuten zum Hauptparkplatz in Scharnitz benötigt. Die Radlstrecke ist heute eigentlich nur kurz, wird von mir aber dadurch verlängert, dass ich den Abzweig am Kohlergraben nicht gleich finde. Entgegen der Beschreibung im AV-Führer gibt es weder ein betoniertes Bachbett noch einen Steg. Stattdessen wird der Bach in einem Rohr unter der Straße durchgeleitet. Schließlich nutze ich das GPS-Handy, um den richtigen Bach sicher zu identifizieren. Insgesamt verliere ich hier eine halbe Stunde.

Die Wegspuren im Wald verliere ich schon nach wenigen Metern. Es ist nicht schwierig, dem Bach auf eigene Faust zu folgen und seine Steilstufen links oberhalb im gut gangbaren Wald zu umgehen. Die Stelle, ab der der Weg sich auf gleichbleibender Höhe in die Talschlucht hineinzieht, ist leicht zu finden.

Hinten im Tal überquere ich den Bach und steige am gegenüberliegenden Hang auf. Bereits nach einem kurzen Stück verliere an einer Schuttreisse den Jägersteig erneut. Anstatt die Reisse nach links zu kreuzen, steige ich nach oben auf. Mir fällt das lange nicht auf, weil ich deutlichen Gamswechseln nahe an der das Tal rechts begrenzenden Wand folgen kann. Das bringt allerdings einige Unannehmlichkeiten mit sich, während sich der richtige Weg etwa hundert Meter weiter unten gemütlich durch Latschengassen schlängelt. Erst recht spät erkenne ich, dass ich offensichtlich zu weit rechts und zu hoch bin. Mit einigem Auf und Ab und etwas Latschenkampf gelingt es mir, die richtige Spur zu erreichen. Nun ist der Weg ins offene obere Kar frei und leicht.

Eigentlich habe ich geplant, zunächst zur Breitgrieskarspitze aufzusteigen, dann die Große Riedlkarspitze von Osten zu erreichen und die Runde schließlich mit einem Abstieg nach Süden zu vollenden. Allerdings muss ich Nina und Ava um 19:06 Uhr am Hauptbahnhof in München abholen. Das geht sich nicht aus. Mir wird klar, dass ich mich sogar ziemlich beeilen muss, um überhaupt nur die Große Riedlkarspitze zu schaffen.

Also muss ich für die fehlenden 600 Höhenmeter einen Zahn zulegen. Das Gelände ist glücklicherweise weniger geröllig und besser gangbar, als es zunächst den Anschein hat. Das kürzlich begangene Großkar war da mühsamer.

Laut Führer ist eine Scharte im Südgrat anzusteuern. Also steige ich zu einem sehr offensichtlichen und großen Einschnitt auf. In dieser Scharte angelangt, zeigt sich aber, dass der Gipfel noch ein gutes Stück entfernt ist und dazwischen nicht das angekündigte Schrofengelände liegt, sondern eine schmale Gratschneide aus aufeinandergestapelten Karwendelbauklötzen. Das kann also noch nicht stimmen. Auf der linken Gratseite kann ich allerdings unschwierig nordwärts queren. So erreiche ich ein unübersichtliches Gewirr mehrerer schuttiger Rinnen. Um auf Nummer sicher zu gehen, wähle ich die allernördlichste. Sie führt mich auf die letzten Meter des Westgrats, von wo nur noch eine kleine Stufe einfach erklommen werde muss, bevor leichtes Schrofengelände zum Gipfel leitet.

Die Aussicht ist fein. Das Gipfelbuch stammt von 1969 und ist noch lange nicht voll. Das ist schon erstaunlich, da der Gipfel ja nur eine knappe und technisch insgesamt wenig schwierige Stunde vom markierten Toni-Gaugg-Weg entfernt ist. Für ein eingehenderes Studium dieses historischen Dokuments bleibt mir leider keine Zeit.

Den Abstieg mache ich im oberen Teil genau wie den Aufstieg. Ein paar Höhenmeter können im Schutt abgefahren werden. Im unteren Teil finde ich diesmal den richtigen Jägersteig. Eine kleine Verzögerung ergibt sich dadurch, dass ich mein nahe beim Fahrrad angelegtes Materialdepot zunächst nicht mehr finde. Die Heimfahrt verläuft entgegen der Google-Prophezeihung einigermaßen stauarm. So schaffe ich es sogar noch, das Auto daheim abzustellen und mit der Tram zum Bahnhof zu fahren.